Rosalind Franklin und Ada Lovelace: zwei Frauen, die maßgeblich zur Geschichte der Menschheit beigetragen haben. Zwei Frauen, deren Errungenschaften lange Zeit nicht angemessen gewürdigt wurden – alleine wegen ihres Geschlechts. Egal, ob sie DNA- Strukturen entdeckten oder Computeralgorithmen programmierten, den Ruhm, den sie verdient hätten, erhielten nicht sie, sondern ihre männliche Kollegen: James Watson, Francis Crick und Charles Babbage, Männer, die für die Arbeit und Leistung von Ada und Rosalind geschätzt und belohnt wurden. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die Gesellschaft sich an den Gedanken gewöhnt hat, dass auch Frauen Außergewöhnliches erreichen. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die Namen Ada Lovelace und Rosalind Franklin überhaupt erwähnt wurden. Die beiden sind keine Ausnahmefälle. Sie sind Beispiele für so viel mehr bedeutende Frauen, die in der Geschichte untergehen, deren Namen immer noch nicht erwähnt werden.
Mit meiner Artikelreihe „Bedeutende Frauen der Geschichte“ möchte ich mehr Aufmerksamkeit auf Frauen lenken, die bis jetzt für ihre inspirierenden Taten zu wenig Aufmerksamkeit erhalten haben. Den ersten Artikel dieser Reihe widme ich Harriet Tubman.
Harriet Tubman wurde im Jahr 1822 als Kind einer Sklavin in der Umgebung von Maryland geboren. Da ihre Mutter gezwungen war zu arbeiten und sich somit keine Zeit für ihre Kinder nehmen konnte, kümmerte Harriet sich schon im Kleinkindalter um ihre jüngeren Geschwister. Mit 5 Jahren hielt Edward Brodess, der „Besitzer“ ihrer Mutter sie für arbeitsfähig und begann sie mehrfach an unterschiedliche „Leihbesitzer“ zu vermieten. Dort musste sie beispielsweise auf andere Kinder aufpassen oder die auf Plantagen aufgestellten Tierfallen überprüfen. Mit ihrem Alter wuchs auch der Anspruch ihrer Aufgaben. Sie wurde als Wald- und Plantagenarbeiter eingesetzt, musste Felder pflügen und Ochsen führen.
Mit 12 Jahren wurde sie zu einem Lebensmittelladen geschickt, um Vorräte zu kaufen. Als sie dort ankam, rannte ihr ein anderer Sklave entgegen, der sich ohne Erlaubnis von der Feldarbeit entfernt hatte. Hinter ihm rannte ein Aufseher, der von Harriet verlangte, den Flüchtenden aufzuhalten, doch Harriet weigerte sich. Daraufhin nahm der Aufseher einen eisernen Gegenstand von der Ladentheke und schleuderte ihn auf seinen Sklaven. Das zwei Pfund schwere Gewicht verfehlte jedoch und traf stattdessen Harriets Kopf. Sie überlebte schwer verletzt. Ab diesem Vorfall war sie stark eingeschränkt und verlor immer wieder das Bewusstsein. Dennoch wurde sie weiterhin gezwungen zu arbeiten. Sie selbst beschrieb im Nachhinein, durch den Vorfall das Zeichen Gottes in Halluzinationen und Träumen gesehen zu haben, welches ihr Kraft und Stärke geschenkt habe.
Jahre später floh sie nach einem bereits gescheiterten Fluchtversuch, den sie gemeinsam mit ihren Brüdern durchführen wollte, nach Pennsylvania, wo Sklaverei bereits abgeschafft worden war, dieses Mal alleine ohne ihre Familie.
„Als ich merkte, dass ich die Grenze überschritten hatte, schaute ich auf meine Hände, um zu sehen, ob ich immer noch dieselbe Person war. Es war alles so herrlich; die Sonne schimmerte wie Gold durch die Bäume und über die Felder und ich fühlte mich, als wäre ich im Himmel“ – Harriet Tubman
Unmittelbar nach ihrer Flucht schloss Harriet Tubman sich der „Underground Railroad“ an. Einem gut organisierten Verband, der half, Sklaven unentdeckt nach Pennsylvania zu schmuggeln. In den folgenden 11 Jahren kehrte Harriet, unter ständiger Gefahr, erkannt und zurück zu ihrem „Besitzer“ gebracht zu werden, insgesamt 19 Mal nach Maryland zurück und brachte Hunderte von Sklaven, darunter auch ihre Familie, in die Freiheit. Manche führte sie persönlich, manchen gab sie genaue Anweisungen und Tipps zur eigenen Flucht. Nicht ein einziges Mal verlor sie einen ihrer Schützlinge. Jeder, der die Unterstützung von Harriet Tubman erhielt, schaffte es erfolgreich zu entkommen. Sie wurde unter dem Namen „Moses“ bekannt, was eine Anspielung auf den Propheten sein soll, der gemäß dem alten Testament der Bibel die Hebräer aus Ägypten in die Freiheit führte.
Nebenbei arbeitete sie außerdem als Krankenschwester, errichtete ein Altenheim und wandte sich in späteren Lebensjahren der Frauenrechtsbewegung zu. Sie kämpfte für das Wahlrecht der Frauen und argumentierte, dass der Einsatz und die Opferbereitschaft zahlreicher Frauen gezeigt habe, dass sie Männern ebenbürtig seien.
Im März 1913 starb Harriet Tubman an den Folgen einer Lungenentzündung, bis zu ihrem letzten Lebenstag litt sie unter den Folgen der Kopfverletzung, die ihr als Jugendliche zugefügt wurde. Harriet Tubman ging als inspirierende Humanistin und Freiheitskämpferin in die Geschichte ein. Durch ihre selbstlosen, mutigen Taten veränderte sie Tausende von Leben, obwohl sie damit ihr eigenes riskierte. Zu ihren Ehren soll sie, in den USA ab 2030 auf dem 20-Dollar-Schein abgebildet werden, was sie zur ersten abgebildeten Frau auf einer amerikanischen Währung machen würde. Harriet Tubman ist ein großes Vorbild für alle Menschen weltweit und ihre Geschichte ein Beweis, dass Widerstand gegen Ungerechtigkeit von großer Bedeutung ist.
Quellen:
Favilli, Elena; Cavallo, Francesca: „Goodnight Stories for Rebel Girls” Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG; 26. Edition (25. September 2017)
Bild: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e3/Harriet_Tubman_1895.jpg