3000 Kilometer Freiheit: Wie zwei Abiturienten ihren Traum verwirklichten

Zwei Jungs, zwei Fahrräder, ein großes Ziel: Direkt nach dem Abitur brachen Simon Huber und Alexander Gepfner zu einer Reise auf, die man nicht alle Tage macht. In nur 48 Tagen fuhren sie mit dem Rad rund 3000 Kilometer quer durch Europa – über Berge, durch Städte, bei Hitze, Regen und Gegenwind. Elf Länder lagen auf ihrem Weg, bis sie schließlich ihr Ziel erreichten: Istanbul. Im Interview erzählte Simon, wie es ist, so lange unterwegs zu sein, welche Höhen und Tiefen sie erlebt haben – und warum sich jede Anstrengung gelohnt hat.

Post it: Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen, mit dem Fahrrad bis nach Istanbul zu fahren?

Simon: Die Idee ist eigentlich ganz natürlich entstanden. Meine Freunde, Alex Gepfner und Carlo Falk, und ich sind in den Jahren davor schon öfter gemeinsam mit dem Fahrrad unterwegs gewesen – zum Beispiel einmal bis nach Kroatien und auch schon in die Niederlande. Nach dem Abi wollten wir dann einfach mal eine größere Tour machen, etwas, das ein bisschen über das Gewohnte hinausgeht. So kam die Idee auf, bis nach Istanbul zu fahren. Den kompletten Weg sind dann Alexander und ich gefahren, Carlo war die ersten fünf Tage mit dabei. Für uns war das Ganze auch eine Art Übergang zwischen Schulzeit und Studium – einfach mal rauskommen, den Kopf frei bekommen und ein bisschen Freiheit genießen, bevor der nächste Lebensabschnitt anfängt.

Post it: Was habt ihr an Ausrüstung mitgenommen – und was vielleicht unterwegs bereut oder vermisst?

Simon: Wir haben auf der gesamten Tour fast immer im Zelt geschlafen – nur ein paar Mal wurden wir von netten Leuten unterwegs aufgenommen und durften bei ihnen zu Hause übernachten. Das heißt, wir mussten eigentlich alles dabeihaben, um draußen klarzukommen: Zelt, Isomatte, Schlafsack – das volle Programm. Dazu natürlich Kleidung, Ersatzsachen und das ganze Alltagszeug wie Hygieneartikel oder ein kleines Kochset. Das alles haben wir in unseren Fahrradtaschen untergebracht, mein Rad hat am Ende so um die 25 Kilo gewogen. Unterwegs sind dann auch ein paar Sachen kaputtgegangen. Ich hab zum Beispiel ziemlich schnell bereut, dass ich eine billige Isomatte gekauft hatte – die musste ich unterwegs gleich zweimal ersetzen. Auch meine Fahrradreifen waren nicht die beste Wahl, da ich echt viele Platten hatte. Da hab ich auf die harte Tour gelernt, dass man bei solchen Touren lieber einmal in gutes Material investiert.

Post it: Wie lange habt ihr für die Planung gebraucht?  Wie sah eure Route aus – habt ihr sie vorher komplett geplant oder eher spontan entschieden?

Simon: Die Planung ging bei uns ziemlich schnell. Wir haben einfach in der App „Komoot“ eine grobe Route von unserem Wohnort bis nach Istanbul erstellt und dann ein paar Orte eingefügt, die wir unbedingt sehen wollten – zum Beispiel den Ohridsee zwischen Albanien und Nordmazedonien oder einen alten Luftschutzbunker an der Grenze zwischen Bosnien und Kroatien. Insgesamt hat das vielleicht ein bis zwei Stunden gedauert. Unterwegs sind wir durch viele Länder gefahren: Deutschland, Österreich, Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Nordmazedonien, Griechenland und schließlich die Türkei. Die grobe Route stand also fest, aber im Detail haben wir täglich neu entschieden, wie wir genau fahren wollten. Oft mussten wir spontan umplanen – zum Beispiel wollten wir ursprünglich über den Großglockner-Pass durch die Alpen fahren. Wegen schlechtem Wetter war der aber für Radfahrer gesperrt, also mussten wir auf den Brenner ausweichen. Das hat uns ein paar zusätzliche Tage gekostet, aber solche spontanen Änderungen gehörten einfach dazu.

Post it: Gab es Situationen, in denen ihr ans Aufgeben gedacht habt?

Simon: Eigentlich nicht. Wir hatten uns das Ziel so fest vorgenommen, dass Aufgeben für uns keine Option war. Uns war ja von Anfang an klar, dass die Tour anstrengend werden würde und dass es unterwegs sicher schwierige Momente geben wird. Deshalb hat uns auch nichts wirklich überrascht – wir haben einfach versucht, auf alles flexibel zu reagieren. Trotzdem gab’s natürlich Phasen, die ziemlich zäh waren. Vor allem in den ersten ein bis zwei Wochen, als es fast durchgehend geregnet hat – bis wir ungefähr in Slowenien waren. Das war schon hart für die Motivation, aber wir wussten, dass das dazugehört. Aufgeben wäre nur dann ein Thema gewesen, wenn wirklich etwas Schlimmes passiert wäre.

Post it: Hattet ihr feste Etappen oder seid ihr einfach so weit gefahren, wie es ging?

Simon: Wir sind jeden Tag einfach so weit gefahren, wie es ging. Manche Tage waren natürlich länger, andere kürzer – je nachdem, wie das Wetter war und wie fit wir uns gefühlt haben. Feste Tagesziele hatten wir keine, aber wir haben immer versucht, möglichst viele Kilometer zu schaffen. Am Ende des Tages haben wir dann spontan entschieden, wo wir übernachten – je nachdem, wo wir gerade waren und was sich angeboten hat.

Post it: Habt ihr unterwegs gezeltet, in Hostels geschlafen oder bei Leuten übernachtet?

Simon: Wir haben fast jede Nacht im Zelt geschlafen. Meistens haben wir einfach auf Google Maps geschaut, ob es in der Nähe freie Felder oder Wiesen gibt, wo man halbwegs ungestört übernachten kann. In Deutschland, Österreich und teilweise auch in Italien war das etwas schwieriger, weil Wildcampen dort eigentlich nicht erlaubt ist. Da mussten wir manchmal etwas versteckt schlafen oder hoffen, dass uns niemand entdeckt. Manchmal haben wir auch Leute gefragt, ob wir auf ihrem Grundstück zelten dürfen – das hat dann meistens gut geklappt. Ab Slowenien wurde es deutlich einfacher. Dort und in den Ländern danach konnten wir eigentlich überall problemlos einen Platz finden. Wir sind einfach so lange gefahren, wie wir wollten, und haben uns dann abends irgendwo auf ein freies Feld gelegt. Nur in Regionen, wo es viele Bären und Wölfe gab, waren wir vorsichtiger und haben lieber bei Leuten in der Nähe von Häusern gefragt, ob wir im Garten übernachten dürfen – und das war fast immer möglich. In einem Hotel haben wir übrigens nie geschlafen. Nur einmal haben wir auf einem richtigen Campingplatz übernachtet – es war extrem heiß, und wir wollten einfach mal einen Tag Pause machen. Der Platz hatte sogar einen Pool, und das war echt perfekt, um ein bisschen runterzukommen.

Post it: Wie viele Kilometer seid ihr im Schnitt am Tag gefahren?

Simon: Insgesamt sind wir ungefähr 3.000 Kilometer gefahren – und das in 48 Tagen. Davon waren aber rund acht Tage Pausen, also etwa 40 reine Fahrtage. Im Schnitt sind wir also pro Tag ungefähr 75 Kilometer gefahren. Natürlich war das sehr unterschiedlich – an manchen Tagen über 100 Kilometer, an anderen deutlich weniger, je nachdem, wie das Gelände war oder wie fit wir uns gefühlt haben.

Post it: Was war der schönste Moment auf der Tour?

Simon: Da kann ich gar keinen einzelnen Moment nennen, weil es einfach so viele schöne Erlebnisse gab. Aber besonders in Erinnerung geblieben ist mir, dass wir in der Türkei von den Großeltern eines Freundes aufgenommen wurden. Wir durften dort drei Tage bleiben und eine richtige Pause machen – das war kurz bevor wir nach Istanbul reingefahren sind, also zwei Tage vor dem Ziel. Diese Tage waren etwas ganz Besonderes. Es war einfach schön, mal nicht darüber nachdenken zu müssen, wo wir schlafen oder was wir essen. Stattdessen hatten wir das Gefühl, ein bisschen „zu Hause“ zu sein – nach all den Wochen auf der Straße. Das hat unglaublich gutgetan und war einer der schönsten Abschnitte der ganzen Reise.

Post it: Was habt ihr in Istanbul empfunden, als ihr endlich angekommen seid?

Simon: Istanbul war einfach überwältigend. Ich war zwar schon in großen Städten mit Millionen von Einwohnern, aber noch nie bin ich in eine Stadt dieser Größe mit dem Fahrrad hineingefahren. Das war wirklich etwas ganz anderes. Als wir in die Stadt kamen, mussten wir auf einer Straße fahren, die quasi einer deutschen Autobahn entspricht: sieben Spuren, auf denen Autos mit voller Geschwindigkeit an uns vorbeirasten. Das war extrem gefährlich und gleichzeitig total aufregend. In der Stadt selbst gab es riesige Staus – teilweise drei Spuren nebeneinander, alle in dieselbe Richtung. Alles vollgestopft mit Autos. Wir sind dann einfach zwischen den Autos durchgefahren, haben uns durchgeschlängelt und versucht, irgendwie voranzukommen. Das war purer Nervenkitzel, aber auch purer Spaß. Es war dieses unbeschreibliche Gefühl, endlich dort angekommen zu sein, worauf man so lange hingearbeitet hat – nach anderthalb Monaten auf dem Fahrrad. Es war gefährlich, chaotisch, laut, aber gleichzeitig auch das vielleicht intensivste Fahrerlebnis der ganzen Tour.

Post it: Habt ihr schon neue Reisepläne oder war das „once in a lifetime“?

Simon: Im Moment studiere ich, deshalb wird es in nächster Zeit wohl schwierig, wieder so eine lange Tour zu machen. Kleinere Fahrten werde ich aber auf jeden Fall weiterhin unternehmen – ganz ohne Radreisen geht’s einfach nicht. Langfristig habe ich auf jeden Fall noch ein paar größere Ziele. Ein Traum von mir ist, einmal bis zum Nordkap zu fahren – das ist ja auch eine bekannte Fahrradroute. Und irgendwann möchte ich auch mal im Nahen Osten eine Tour machen. Das steht auf jeden Fall auf der Agenda, auch wenn es noch nicht konkret geplant ist.

Post it: Würdet ihr die Reise noch einmal machen?

Simon: Ja, auf jeden Fall! Ich würde die Reise jederzeit wieder machen – genauso, wie sie war.

Post it: Was würdet ihr den jüngeren Schülern sagen, die auch mal eine ungewöhnliche Idee haben?

Simon: Ich würde auf jeden Fall sagen: Wenn man so eine Idee hat – egal ob es um eine Fahrradtour oder etwas ganz anderes geht – dann sollte man es einfach ausprobieren. Man muss ja nicht gleich mit einer riesigen Tour anfangen. Unsere erste Tour war zum Beispiel einfach einmal um den Bodensee – das war ein super Einstieg, um zu sehen, worauf man achten muss und was man braucht.

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